Rechtstipps
Auswirkungen der Corona-Krise auf Urlaubsreisen - Keine Gutscheinlösung (06.05.2020)
Viele Verbraucher, die für die nächsten Wochen Urlaubsreisen bereits fest gebucht haben, sind zunehmend verunsichert, ob sie bei der derzeitigen Infektionslage, die nicht nur in Europa, sondern in vielen Ländern der Welt die Menschen in Atem hält, ihren Urlaub überhaupt werden antreten können. Hier ist zwischen Pauschalreisen, die bei einem Reiseveranstalter gebucht wurden und Individualreisen zu unterscheiden.
Generell hängt die Frage, ob eine kostenfreie Stornierung der Reise durch den Reisenden möglich ist, zum einen davon ab, für welchen Zeitraum und mit welchem Reiseziel die Reise gebucht wurde. Zum anderen ist maßgeblich, ob jetzt schon feststeht oder jedenfalls mit großer Sicherheit vorauszusagen ist, dass die Anreise oder Durchführung der Reise aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände erheblich beeinträchtigt sein wird. Eine solche Beeinträchtigung ist bei der aktuell bestehenden Corona-Pandemie zu bejahen, die auch für das Auswärtige Amt Veranlassung war, eine weltweite Reisewarnung für alle nicht notwendigen, touristischen Reisen ins Ausland bis einschließlich 14.06.2020 auszusprechen. Reisen, die planmäßig bis zu diesem Zeitpunkt beginnen sollen, können von Verbrauchern kostenfrei storniert werden. Bereits geleistete Anzahlungen sind zurückzuerstatten.
Bei Pauschalreisen, die nicht unmittelbar bevorstehen, ist entscheidend, ob heute bereits absehbar ist, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise eintreten wird, sei es, dass Fluggäste aufgrund eines von einem anderen Land verhängten Einreiseverbotes überhaupt nicht einreisen können, sei es, dass Reisende bei der Einreise zunächst eine 2-wöchige Quarantäne antreten müssen, oder sei es, dass wichtige Sehenswürdigkeiten, die vom Reiseveranstalter als Hauptattraktionen z.B. für eine Rundreise ausgeschrieben wurden, nicht besucht werden können. In allen Fällen kann kostenfrei der Rücktritt vom Reisevertrag erklärt werden. Der Reiseveranstalter verliert dann den Anspruch auf den Reisepreis und muss geleistete Anzahlungen innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten.
Unerheblich ist, ob die Buchung direkt beim Reiseveranstalter, bei der Airline oder über einen Vermittler (Reisebüro, Online-Buchungsportal etc.) vorgenommen wurde.
Anstehende Restzahlungen auf den Reisepreis kann der Reisende ebenfalls nur dann im Wege eines Zurückbehaltungsrechts verweigern, wenn feststeht oder mit großer Sicherheit absehbar ist, dass entweder die Beförderung zum Zielort oder die Durchführung der Reise als solche gefährdet sein wird. Soweit vor allem einige südeuropäische Länder beabsichtigen, ihre Wirtschaft ab Mai 2020 sukzessive wieder hochzufahren, wird man diese Prognose zumindest derzeit noch nicht für solche Reisen anstellen können, die ab Mitte Juni 2020 (und damit insbesondere für die Sommerferien) geplant sind. Für solche Reisen besteht daher auch gegenwärtig weiterhin die Verpflichtung des Reisenden, die vertraglich vereinbarten Restzahlungen zu erbringen; kostenfreie Stornierungen sind (noch) nicht möglich. Man sollte daher abwarten, wie sich die Infektionslage im Urlaubsland entwickelt und auch auf Aktualisierungen der Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes achten. Reisende, die trotzdem vom Reisevertrag zurücktreten, müssen damit rechnen, vom Reiseveranstalter mit Stornokosten belastet zu werden. Im Fall der Stornierung eines Fluges wird die Fluggesellschaft nur die reinen Steuern und Gebühren zurückerstatten, nicht aber den reinen Flugpreis.
Eine Reiserücktrittsversicherung hilft dem Verbraucher in diesen Fällen nicht. Sie tritt nur ein, wenn der Versicherte/Reisende selbst krank wird oder etwa durch den Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit und ggf. auch durch Kurzarbeit daran gehindert ist, die Reise planmäßig durchzuführen.
Bei Individualreisen erhält der Reisende sein Geld zurück, wenn der Anbieter die Leistung (also z.B. die Hotelunterbringung oder den Flug) absagt. Bei Annullierung des gebuchten Fluges durch die Fluggesellschaft sind die Flugscheinkosten binnen 7 Tagen zu erstatten. Die Ausstellung von Gutscheinen ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Fluggastes zulässig. Beabsichtigt die Fluggesellschaft, den gebuchten Flug durchzuführen, obwohl das Ankunftsland ein Einreiseverbot verhängt hat, wird der Reisende zuvor den Vertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kündigen können. Gleiches wird man auch annehmen müssen, wenn eine Quarantäne am Zielort droht. Von Gerichten geklärt sind diese Fälle bislang nicht. Es empfiehlt sich daher, eine Einigung mit der Fluggesellschaft zu suchen, umzubuchen oder ggf. auch einen Gutschein zu akzeptieren.
Bei Buchung einer Ferienwohnung in Deutschland kann eine Kündigung aus wichtigem Grund vorgenommen werden, wenn Hotels oder Ferienwohnungen aufgrund von Zufahrts- und Aufenthaltsverboten für auswärtige Gäste gar nicht erreicht werden können. Befindet sich die Ferienwohnung im Ausland und wurde nicht bei einem deutschen Reiseveranstalter, sondern direkt beim Anbieter gebucht, ist ausländisches Recht zu beachten.
Im Ergebnis wird es immer auf den konkreten Einzelfall ankommen, ob eine geplante Reise kostenlos storniert werden kann.
Sowohl im Pauschalreisebereich, als auch bei Individualreisen ist verstärkt ein Trend festzustellen, wonach die Rückzahlung des Reisepreises nach erfolgtem (berechtigten) Rücktritt des Reisenden aufgrund der Corona-Pandemie oder auch nach Annullierung seitens des Anbieters mit der Begründung verweigert wird, man biete dem Reisenden statt einer Rückzahlung einen Gutschein an, den er bei der Buchung einer künftigen Reise verwenden könne. Auf diese Gutscheinlösung muss sich der Pauschalreisende genauso wie derjenige, der einen Flug bei einer Airline gebucht hat, nicht einlassen.
Die EU-Kommission hat inzwischen den Plänen der Bundesregierung, für die aufgrund der Corona-Pandemie stornierten Pauschalreisen oder Flüge eine Gutschein-Regelung einzuführen, eine Absage erteilt. Noch am 02.04.2020 hatte die Bundesregierung die EU-Kommission aufgefordert, unverzüglich zu handeln und für eine einheitliche europäische Regelung zu sorgen. Angedacht war, dem Reisenden nur noch einen Anspruch auf die Ausstellung eines Gutscheines einzuräumen, der bis zum 31.12.2021 Gültigkeit haben sollte. Sofern der Gutschein bis dahin nicht eingelöst ist, sollte der Anbieter verpflichtet sein, den Gegenwert des Gutscheines zu erstatten. Sollte der Anbieter bis dahin Insolvenz angemeldet haben, sollte der Staat anstelle des Reiseveranstalters oder der Fluggesellschaft für die Rückzahlung des Reisepreises einstehen. Verbraucherschützer sahen die Gutschein-Lösung bereits kritisch, da es sich keineswegs jeder Verbraucher leisten kann, den Reiseunternehmen in Zeiten von Kurzarbeit kostenlose Kredite zu gewähren. Abgesehen davon ist auch keineswegs sicher, ob der Staat im Insolvenzfall tatsächlich einspringen wird. Insofern könnten sich Gutscheine ohne Insolvenzabsicherung letztlich als wertlos erweisen.
Sowohl die Fluggastrechte der Flugpassagiere, als auch die Verbraucherrechte der Kunden bei Reiseabsagen wegen der Corona-Pandemie unterliegen nicht dem deutschen, sondern dem europäischen Recht. Da alle Entscheidungen der Mitgliedstaaten mit EU-Recht übereinstimmen müssen und nach EU-Recht die Verbraucher die Wahl haben, ob sie einen Gutschein akzeptieren oder eine Erstattung bevorzugen, kann die deutsche Regierung auch nicht per Verordnung eine Gutscheinlösung zulasten der Verbraucher einführen.
Für weitergehende Fragen rund um das Reiserecht steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Jürgen Stomper gerne zur Verfügung.
Die Geschäftsführerhaftung im Handwerksbetrieb (27.04.2020)
Mindestens jeder dritte Handwerksbetrieb wird als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt.
Damit gehört die GmbH zu einer der häufigsten Rechtsformen im Handwerk. Allein diese praktische Relevanz macht es erforderlich, die Fallstricke bei der Geschäftsführung einer GmbH im Auge zu behalten.
Nach § 43 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer einer GmbH für deren geschäftliche Leitung verantwortlich. Dem Geschäftsführer obliegt die sorgfaltsgemäße Wahrnehmung, für deren konkrete Ausführung er bei einer Obliegenheitsverletzung im Innenverhältnis der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig ist.
Obgleich sich die besondere Beliebtheit der GmbH gerade daraus ergibt, dass es eine Haftungsbeschränkung gibt und mithin bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung der Geschäftsführer für die Geschäfte der GmbH nicht zu haften hat, kann dennoch bei geschäftsbezogenem Fehlverhalten eine Außenhaftung des Geschäftsführers entstehen und mithin das Haftungsprivileg der Rechtsform der GmbH ins Leere laufen. Die Anforderungen an den Geschäftsführer regelt der bereits eingangs angesprochene § 43 Abs. 1 GmbHG denkbar abstrakt mit der Formulierung, dass der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden hat.
Bei den vielzähligen täglichen Geschäften eines Geschäftsführers mit den erheblichen alltäglichen Fragestellungen und Belastungen ist es im Einzelfall nicht immer ganz leicht zu bestimmen, wann eine Geschäftsführungstätigkeit nicht mehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist.
Im Nachgang soll in der gebotenen Kürze aufgezeigt werden, wann eine persönliche Haftung des Geschäftsführers mit seinem Privatvermögen denkbar ist.
Haftung des Geschäftsführers bei Straftaten
Der Geschäftsführer haftet immer dann mit seinem Privatvermögen, wenn er im Rahmen der geschäftsführenden Tätigkeiten als Täter oder mitwirkende Person strafrechtlich relevante Tatbestände erfüllt.
Hierzu gehören in der Praxis u. a. folgende immer wieder vorkommende Strafvorwürfe:
- Unterschlagung;
- Untreue;
- Steuerhinterziehung;
- Insolvenzverschleppung;
Wie ersichtlich, ist das Spektrum strafrechtlicher Geschäftsführeraußenhaftung durchaus beträchtlich.
In der Praxis ist eine der häufigsten strafrechtlichen Haftungsbezugspunkte die sogenannte Insolvenzverschleppung. Der Kernvorwurf bei der Insolvenzverschleppung ist es, dass der Geschäftsführer nicht rechtzeitig als Verpflichteter bei dem zuständigen Amtsgericht den Insolvenzantrag gestellt hat. Gerade in der Krise der Gesellschaft ist es wichtig, engmaschig die Finanzsituation des Unternehmens im Auge zu behalten. Dem Geschäftsführer sollte bei besonders kritischen Situationen geraten werden, insolvenzrechtlichen Rat einzuholen. Oft kann es hilfreich sein, eine sogenannte Fortführungsprognose zu erstellen, um nicht in die Gefahr der Strafbarkeit zu geraten.
Die Bußgeldhaftung des Geschäftsführers für Aufsichtspflichtverletzungen
Aufsichtspflichtverletzungen werden u. a. nach § 130 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz) geahndet. Im Rahmen der Aufsichtspflichtverletzung besteht die Besonderheit, dass die Bußgeldhaftung nach § 130 OWiG dem Geschäftsführer nicht ausdrücklich vorgibt, welche Aufsichtspflichten er hat, sondern vielmehr muss wieder auf den ordnungsgemäßen Kaufmann abgestellt werden. Wie nämlich der Geschäftsführer seine Aufsichtsfunktion im Handwerksunternehmen zu erfüllen hat, wird vom Gesetzgeber nicht deutlich gemacht. Allgemein kann der Grundsatz aufgestellt werden, dass der Geschäftsführer, der seine Mitarbeiter ausreichend schult, informiert und überwacht, seiner Aufsichtsfunktion gerecht wird.
Gerade wegen dieser Aufsichtspflichten gehen auch immer mehr mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe dazu über, unternehmensinterne Complaints aufzustellen. Mit der Begrifflichkeit Complaints ist ein betriebsinternes Regelwerk gemeint, welche für alle Mitarbeiter und auch für die Führungsebene des Betriebes verbindliche Regeln und Abläufe festschreibt.
Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH
Der Geschäftsführer als zentrales Leitorgan der GmbH hat eine große Verantwortung gegenüber der GmbH. Aus dieser Verantwortung gegenüber der GmbH ergeben sich zahlreiche gesetzliche Verpflichtungen. Auch hier kann eine Haftung nur dann vermieden werden, wenn eine ordnungsgemäße Geschäftsführung Kerninhalt der Geschäftsführungstätigkeit ist. Gerade in der Krise und auch im Vorfeld einer solchen Krise steigern sich die Anforderungen an die Geschäftsführung. Der Geschäftsführer muss noch sorgfältiger die Wirtschaftslage überwachen und, wie oben im Rahmen der strafrechtlichen Darstellung erläutert, in kurzen Abständen den Vermögensstatus der Gesellschaft überwachen.
Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erfolgen (vergl. § 64 S. 1 GmbHG) oder die Zahlungsunfähigkeit auslösen (vergl. § 64 S. 3 GmbHG), muss der Geschäftsführer aus seinem Privatvermögen der Gesellschaft erstatten.
Nicht nur zur Vermeidung des strafrechtlichen Vorwurfs der Insolvenzverschleppung ist der Geschäftsführer mithin verpflichtet, rechtzeitig den Insolvenzantrag zu stellen, sondern auch zur Vermeidung einer Haftung im Verhältnis zur GmbH.
Ausfluss des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist es auch, dass der Geschäftsführung den anderen gesetzlichen Vertreter der GmbH keine Kredite geben darf, wenn hierdurch der Erhalt des Stammkapitals gefährdet wird (vergl. § 43 a GmbHG).
In § 49 GmbHG wird geregelt, dass der Geschäftsführung für den Fall, dass das hälftige Stammkapital verloren gegangen ist, verpflichtet ist, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Aus der Unterlassung einer solchen Einberufungspflicht kann es zur strafrechtlichen Haftung der Geschäftsführung nach
§ 84 GmbHG kommen. § 84 GmbHG regelt die Strafbarkeit bei nicht rechtzeitiger Anzeige eines Verlustes.
Fazit: Was ist zu beachten, um eine persönliche Haftung des Geschäftsführers zu vermeiden?
- Stellen Sie sicher, dass die gesetzlichen Regelungen zur Aufbringung und zum Erhalt des Stammkapitals der GmbH beachtet werden.
- Stellen Sie sicher, dass keine Überschuldung und/oder keine Zahlungsunfähigkeit der GmbH eintritt, für den Fall, dass die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, stellen Sie unverzüglich einen Insolvenzantrag.
- Lassen Sie sich regelmäßig von der Gesellschafterversammlung entlasten.
- Beachten Sie die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung.
- Stellen Sie sich bei Zweifelsfragen die Prüfungsfrage, wie der ordentliche Kaufmann als Idealbild entscheiden würde. Kontaktieren Sie bei Zweifelsfragen oder Unsicherheit Fachleute und Berater.