Rechtstipps
Diesel-Abgasskandal: Neues Urteil des EuGH aus März 2023
Erleichterung für Schadensersatzansprüchen von Käufern von Dieselfahrzeugen gegenüber den Herstellern nach dem Urteil des EuGH vom 21.03.2023, Aktenzeichen C-100/21
Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom 21.03.23, Az. C-100/21 die Rechte der Käufer von Dieselfahrzeugen auf Schadensersatz gestärkt. Während nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof es bislang bei der Frage der Herstellerhaftung darauf ankam, ob der Hersteller – wie VW bei den EA 189 Motoren – vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt hat, hat der EuGH nunmehr festgehalten, dass es für die Frage des Schadensersatz gegen die Hersteller ausreicht, dass diese fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung (z.B. das sogenannte „Thermofenster“) verbaut haben.
Die Frage, ob die Fahrzeughersteller tatsächlich Schadensersatz zu bezahlen haben, ist jedoch von den deutschen Gerichten noch zu klären. Dabei wird es darauf ankommen, ob die verbaute Technik als unzulässig angesehen wird.
Die Angabe „unzulässige Abschalteinrichtung“ weist darauf hin, dass die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems nach Feststellung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) auf unzulässige Weise verringert wurde.
Auf der anderen Seite hat das KBA nach eigener Prüfung der betreffenden Abgasreinigungssysteme verschiedene Hersteller zur Anpassung der „Thermofenster“ aufgefordert. Die von der Volkswagen AG aus Gründen des Motorschutzes und der Betriebssicherheit der Fahrzeuge vor allem bei niedrigen Außentemperaturen verwendeten „Thermofenster“ wurden für zulässig befunden, wenn auch teilweise nur nach vom KBA geforderten Anpassungen. Diese Systeme – so das KBA auf seiner Homepage – würden die gesetzlichen Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 hinsichtlich der Emissionen von leichten PKW und Nutzfahrzeugen erfüllen.
Wir vertreten die Auffassung, dass es sich bei den Abschalteinrichtungen um eine unzulässige Umgehung der EU Abgasvorschriften handelt, die somit eine Herstellerhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verordnung Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen begründet.
Falls Sie glauben, Ihr Fahrzeug könnte betroffen sein, prüfen wir Ihr Anliegen gerne und helfen Ihnen, etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Hersteller von Diesel–Fahrzeugen durchzusetzen.
Rechtsanwalt Michael Geilen
Rechtsanwalt Jürgen Stomper
Rechtsanwältin Sandra Schneider
Filialschließungen und Massenentlassungen bei GALERIA Kaufhof Karstadt und im Einzelhandel - Das sind Ihre Rechte ! (März 2023)
Mitarbeiter bei Filialschließungen im Einzelhandel oder Massenentlassungen nicht chancenlos
Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die Energiekrise und die Inflation machen zahlreichen deutschen Betrieben zu schaffen. Viele Unternehmen müssen derzeit entscheiden, wie sie auf diese Entwicklung reagieren. Vielfach kommt es deshalb zu Schließung von Filialen und Entlassungen von Mitarbeitern. Für zahlreiche betroffene Mitarbeiter, die dann ihren Job verlieren werden, ein herber Schlag.
Bei solchen sog. Massenentlassungen muss der Arbeitgeber besondere Verfahren beachten, deren Einhaltung die Betroffenen gerichtlich überprüfen lassen können. In diesen Fällen ist insbesondere zu klären, ob der Arbeitgeber gegenüber Betriebsrat, Arbeitsagentur und anderen Beteiligten alle nötigen Anträge gestellt und Informationen mitgeteilt hat.
Fehler in diesem Verfahren führen zumeist zur Unwirksamkeit der Kündigung. Sofern im Sozialplan Abfindungen vorgesehen sind, sollte geprüft werden, ob diese im Einzelfall zutreffend berechnet wurden.
Auch ist insbesondere bei älteren Arbeitnehmern im Geltungsbereich eines Tarifvertrages unter Umständen zu beachten, dass nur aus „wichtigem Grund“ gekündigt werden kann.
Hierauf verweisen die Siegburger Fachanwälte für Arbeitsrecht der Sozietät RSW Rechtsanwälte Julia Rajic, Andreas Wollweber und Andreas Schmitz.
Betroffene Mitarbeiter sollten daher nach Erhalt einer Kündigung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht kurzfristig prüfen lassen, ob die Entlassung angreifbar ist und Klage erhoben werden sollte.
Falls Sie betroffen sein sollten, können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir prüfen Ihren Fall und helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen.
Rechtsanwältin Julia Rajic, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Andreas Schmitz, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Andreas Wollweber, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Die Geschäftsführerhaftung im Handwerksbetrieb (27.04.2020)
Mindestens jeder dritte Handwerksbetrieb wird als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt.
Damit gehört die GmbH zu einer der häufigsten Rechtsformen im Handwerk. Allein diese praktische Relevanz macht es erforderlich, die Fallstricke bei der Geschäftsführung einer GmbH im Auge zu behalten.
Nach § 43 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer einer GmbH für deren geschäftliche Leitung verantwortlich. Dem Geschäftsführer obliegt die sorgfaltsgemäße Wahrnehmung, für deren konkrete Ausführung er bei einer Obliegenheitsverletzung im Innenverhältnis der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig ist.
Obgleich sich die besondere Beliebtheit der GmbH gerade daraus ergibt, dass es eine Haftungsbeschränkung gibt und mithin bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung der Geschäftsführer für die Geschäfte der GmbH nicht zu haften hat, kann dennoch bei geschäftsbezogenem Fehlverhalten eine Außenhaftung des Geschäftsführers entstehen und mithin das Haftungsprivileg der Rechtsform der GmbH ins Leere laufen. Die Anforderungen an den Geschäftsführer regelt der bereits eingangs angesprochene § 43 Abs. 1 GmbHG denkbar abstrakt mit der Formulierung, dass der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden hat.
Bei den vielzähligen täglichen Geschäften eines Geschäftsführers mit den erheblichen alltäglichen Fragestellungen und Belastungen ist es im Einzelfall nicht immer ganz leicht zu bestimmen, wann eine Geschäftsführungstätigkeit nicht mehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist.
Im Nachgang soll in der gebotenen Kürze aufgezeigt werden, wann eine persönliche Haftung des Geschäftsführers mit seinem Privatvermögen denkbar ist.
Haftung des Geschäftsführers bei Straftaten
Der Geschäftsführer haftet immer dann mit seinem Privatvermögen, wenn er im Rahmen der geschäftsführenden Tätigkeiten als Täter oder mitwirkende Person strafrechtlich relevante Tatbestände erfüllt.
Hierzu gehören in der Praxis u. a. folgende immer wieder vorkommende Strafvorwürfe:
- Unterschlagung;
- Untreue;
- Steuerhinterziehung;
- Insolvenzverschleppung;
Wie ersichtlich, ist das Spektrum strafrechtlicher Geschäftsführeraußenhaftung durchaus beträchtlich.
In der Praxis ist eine der häufigsten strafrechtlichen Haftungsbezugspunkte die sogenannte Insolvenzverschleppung. Der Kernvorwurf bei der Insolvenzverschleppung ist es, dass der Geschäftsführer nicht rechtzeitig als Verpflichteter bei dem zuständigen Amtsgericht den Insolvenzantrag gestellt hat. Gerade in der Krise der Gesellschaft ist es wichtig, engmaschig die Finanzsituation des Unternehmens im Auge zu behalten. Dem Geschäftsführer sollte bei besonders kritischen Situationen geraten werden, insolvenzrechtlichen Rat einzuholen. Oft kann es hilfreich sein, eine sogenannte Fortführungsprognose zu erstellen, um nicht in die Gefahr der Strafbarkeit zu geraten.
Die Bußgeldhaftung des Geschäftsführers für Aufsichtspflichtverletzungen
Aufsichtspflichtverletzungen werden u. a. nach § 130 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz) geahndet. Im Rahmen der Aufsichtspflichtverletzung besteht die Besonderheit, dass die Bußgeldhaftung nach § 130 OWiG dem Geschäftsführer nicht ausdrücklich vorgibt, welche Aufsichtspflichten er hat, sondern vielmehr muss wieder auf den ordnungsgemäßen Kaufmann abgestellt werden. Wie nämlich der Geschäftsführer seine Aufsichtsfunktion im Handwerksunternehmen zu erfüllen hat, wird vom Gesetzgeber nicht deutlich gemacht. Allgemein kann der Grundsatz aufgestellt werden, dass der Geschäftsführer, der seine Mitarbeiter ausreichend schult, informiert und überwacht, seiner Aufsichtsfunktion gerecht wird.
Gerade wegen dieser Aufsichtspflichten gehen auch immer mehr mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe dazu über, unternehmensinterne Complaints aufzustellen. Mit der Begrifflichkeit Complaints ist ein betriebsinternes Regelwerk gemeint, welche für alle Mitarbeiter und auch für die Führungsebene des Betriebes verbindliche Regeln und Abläufe festschreibt.
Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH
Der Geschäftsführer als zentrales Leitorgan der GmbH hat eine große Verantwortung gegenüber der GmbH. Aus dieser Verantwortung gegenüber der GmbH ergeben sich zahlreiche gesetzliche Verpflichtungen. Auch hier kann eine Haftung nur dann vermieden werden, wenn eine ordnungsgemäße Geschäftsführung Kerninhalt der Geschäftsführungstätigkeit ist. Gerade in der Krise und auch im Vorfeld einer solchen Krise steigern sich die Anforderungen an die Geschäftsführung. Der Geschäftsführer muss noch sorgfältiger die Wirtschaftslage überwachen und, wie oben im Rahmen der strafrechtlichen Darstellung erläutert, in kurzen Abständen den Vermögensstatus der Gesellschaft überwachen.
Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erfolgen (vergl. § 64 S. 1 GmbHG) oder die Zahlungsunfähigkeit auslösen (vergl. § 64 S. 3 GmbHG), muss der Geschäftsführer aus seinem Privatvermögen der Gesellschaft erstatten.
Nicht nur zur Vermeidung des strafrechtlichen Vorwurfs der Insolvenzverschleppung ist der Geschäftsführer mithin verpflichtet, rechtzeitig den Insolvenzantrag zu stellen, sondern auch zur Vermeidung einer Haftung im Verhältnis zur GmbH.
Ausfluss des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist es auch, dass der Geschäftsführung den anderen gesetzlichen Vertreter der GmbH keine Kredite geben darf, wenn hierdurch der Erhalt des Stammkapitals gefährdet wird (vergl. § 43 a GmbHG).
In § 49 GmbHG wird geregelt, dass der Geschäftsführung für den Fall, dass das hälftige Stammkapital verloren gegangen ist, verpflichtet ist, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Aus der Unterlassung einer solchen Einberufungspflicht kann es zur strafrechtlichen Haftung der Geschäftsführung nach
§ 84 GmbHG kommen. § 84 GmbHG regelt die Strafbarkeit bei nicht rechtzeitiger Anzeige eines Verlustes.
Fazit: Was ist zu beachten, um eine persönliche Haftung des Geschäftsführers zu vermeiden?
- Stellen Sie sicher, dass die gesetzlichen Regelungen zur Aufbringung und zum Erhalt des Stammkapitals der GmbH beachtet werden.
- Stellen Sie sicher, dass keine Überschuldung und/oder keine Zahlungsunfähigkeit der GmbH eintritt, für den Fall, dass die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, stellen Sie unverzüglich einen Insolvenzantrag.
- Lassen Sie sich regelmäßig von der Gesellschafterversammlung entlasten.
- Beachten Sie die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung.
- Stellen Sie sich bei Zweifelsfragen die Prüfungsfrage, wie der ordentliche Kaufmann als Idealbild entscheiden würde. Kontaktieren Sie bei Zweifelsfragen oder Unsicherheit Fachleute und Berater.