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29.07.2025
Reiserecht
Kunde kann Kreuzfahrt nach Diebstahl notwendiger Medikamente kündigen
Diebstahl notwendiger Medikamente stellt Reisemangel dar
Werden einem Kreuzfahrt-Reisenden, der eine Pauschalreise gebucht hat, beim Bustransfer zum Schiff wichtige Medikamente gestohlen, so leidet die Reise an einem Reisemangel, der den Kunden zum Rücktritt von der Reise berechtigt. Die hat das Amtsgericht München entschieden.
Ein Ehepaar aus Schleswig-Holstein im Alter von 75 und 77 Jahren buchte bei einem
Münchner Veranstalter von Kreuzfahrten eine Kreuzfahrt ab Hamburg zu einem
Reisepreis von 1.678 €. Bestandteil der Reisebuchung war ein Transfer per Bus vom
Busbahnhof in Hamburg zum Schiff. Vor Abfahrt des Busses deponierten die Kläger
einen Trolley, in dem sich neben persönlichen Gegenständen auch Medikamente wie
Blutdrucksenker und Cholesterinsenker befanden, im Kofferraum des Busses. Bei
Ankunft am Hafen stellten sie fest, dass sich der Trolley nicht mehr im Kofferraum
befand.
Das Ehepaar verweigerte den Antritt der Kreuzfahrt ohne die täglich benötigten
Medikamente. Es verlange Rückzahlung des Reisepreises sowie in Höhe von 460 €
Ersatz für die verloren gegangenen Gestände.
Der Veranstalter zahlte daraufhin wegen ersparter Aufwendungen 216,90 € an die
Kläger zurück, verweigerte jedoch eine weitergehende Zahlung. Es habe kein
Reisemangel vorgelegen. Es habe sich das allgemeine Diebstahlsrisiko verwirklicht.
Den Klägern sei es zumutbar gewesen, die Medikamente in der Handtasche zu
transportieren oder das Gepäckfach zu beobachten.
Das Amtsgericht München gab dem klagenden Ehepaar weitestgehend Recht und
verurteilte den Veranstalter zur Zahlung von 1.551,10 € nebst Zinsen. In seinem Urteil
führte das Gericht u.a. aus:
„Das Abhandenkommen der Medikamente aus dem Gepäckraum des Busses stellt
einen Reisemangel […] dar, da Bestandteil der Pauschalreise auch der Transfer der
Kläger und ihres Gepäcks zum Schiff war […]. Durch den Verlust der Medikamente ist
die Pauschalreise vorliegend auch erheblich beeinträchtigt worden. Bei den
abhandengekommenen Medikamenten handelte es sich um Blutdrucksenker und
Cholesterinsenker. Diese Medikamente müssen regelmäßig und zuverlässig
eingenommen werden, da es ansonsten zu körperlichen Beeinträchtigungen und
sogar Gesundheitsschäden kommen kann. Den Klägern war es nicht zumutbar, eine
Reise anzutreten, die ihrer Gesundheit schaden könnte. […]
Ein Verschulden des Reiseveranstalters ist für die Kündigung gerade nicht erforderlich.
Der Reiseveranstalter hat damit […] den bereits geleisteten Reisepreis an die Kläger
zu erstatten. […]
Insbesondere ist der Reisemangel von den Klägern nicht verschuldet worden. Diesen
kann weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit hinsichtlich des Abhandenkommens
vorgeworfen werden. Mit dem Abstellen des Gepäcks im Kofferraum gingen vorliegend
die Sorgfaltspflichten auf die Reiseveranstalterin über. Entgegen dem Vortrag der Beklagtenseite waren die Kläger nicht verpflichtet, nach Verstauen des Gepäcks im
Gepäckraum, dieses noch zu beobachten. Die Beklagtenseite trägt auch nicht vor,
woraus sich eine derartige Verpflichtung der Reisenden ergeben könnte. Den Klägern
kann auch kein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Medikamente nicht in einer
Handtasche bei sich behalten haben. Vielmehr durften sie darauf vertrauen, dass das
Reisegepäck vom Reiseveranstalter gesichert wird.“
In Bezug auf den geforderten Ersatz für verloren gegangene Gegenstände sprach das
Gericht lediglich einen Teilbetrag von insgesamt 90 € zu, da zu Zeitwert und Anschaffungspreis
nicht substantiiert vorgetragen worden war und keine ausreichende Grundlage
für eine Schätzung des Werts vorlag.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Amtsgericht München
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:11.01.2024
- Aktenzeichen:223 C 12480/23
Quelle:Amtsgericht München, ra-online (pm/pt)